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Wir schreiben das Jahr 2055. Zeitreisen sind Realität geworden und die Firma Kuoni Reisen bietet wohlhabenden Abenteurern die Möglichkeit, in die Vergangenheit zu reisen, beispielsweise auf eine Safari um ausgestorbene Tierarten zu jagen. Martina, jung und überarbeitet aber noch immer ehrgeizig, zahlt 100‘000 CHF, um in die späte Jurazeit zurückzukehren und einen Tyrannosaurus Rex zu töten.
Sobald sie in der Vergangenheit gelandet sind, wird Martina von Barbara, ihrer Reiseleiterin, gewarnt: Bereits winzige Modifizierungen in der fernen Vergangenheit können zu katastrophalen Veränderungen in der Geschichte führen. Daher ist es von größter Bedeutung, vor ihrer Rückkehr in die Gegenwart jede Veränderung in dieser vergangenen Realität zu minimieren. Um Störungen der Umwelt zu vermeiden, sind die Jäger verpflichtet, auf dem vom Reisebüro gebauten Schwebepfad zu bleiben. Und nur die Tiere, die vor der Jagd von Zeitsafari-Scouts markiert wurden, dürfen getötet werden. Der ausgewählte Dinosaurier wäre ohnehin innerhalb von Minuten gestorben, sein Tod hat also nur minimale Auswirkungen auf die aktuelle Entwicklung der Menschheit. Martina geht aufgeregt und wachsam auf dem Weg voran, bewundert die wilde unberührte Natur und hält ihre Waffe fest in der Hand. Es dauert nicht lange, bis sie den riesigen, mit einem roten Kreuz markierten Dinosaurier entdeckt. Nervös richtet sie das Visier auf den Tyrannosaurus Rex und schiesst. Noch bevor sie ihr Gewehr wieder aufladen kann, rennt das wütende, verwundete Tier auf sie zu. Martina rennt so schnell sie kann und versteckt sich in einem Wald. Atemlos wartet sie. Nach einer Weile hört sie Schüsse, gefolgt von Barbaras Stimme, die nach ihr ruft. Martina kehrt zur Zeitmaschine zurück und sieht, dass Barbara den Dinosaurier getötet hat.
Bei der Landung zurück im Jahr 2055 bemerkt Martina bald subtile Veränderungen: Wörter werden jetzt seltsam geschrieben und ausgesprochen (KUONI heisst jetzt INOUK), die Menschen verhalten sich anders. Verwirrt und verängstigt sitzt sie auf einer Bank und stützt den Kopf in die Hände. Da bemerkt sie den feuchten Schlamm an ihren Stiefeln und daran einen wunderschönen zerdrückten Schmetterling. Ihr wird klar, dass sie diesen Schmetterling unabsichtlich getötet hat, als sie auf ihrer Flucht vor dem Dinosaurier vom Weg abgekommen war. Sein Tod setzte eine Reihe unerwarteter und nicht vorhersehbarer Ereignisse in Gang, die einen globalen Einfluss auf die Natur des gegenwärtigen Augenblicks hatten. Martina sieht sich um: Alles, was uns umgibt, die ganze Realität, ist das einzigartige Ergebnis dieser vergangenen Ereignisse. Und erst jetzt beginnt sie sich über die menschliche Natur ihrer Jagdgelüste zu wundern.
adaptiert aus Ray Bradburys A SOUND OF THUNDER